Im Unterricht haben wir kurz das Leben und Wirken von Napoleon behandelt. Vertieft interessierte mich sein Einfluss auf die alte Eidgenossenschaft und die heutige Schweiz.

Vor der französischen Revolution bestand die Schweiz aus losen Bündnissen zwischen den einzelnen Orten (früherer Begriff für die Kantone). Diese Bündnisse werden heute als die alte Eidgenossenschaft bezeichnet. Schon im Jahre 1648 wurde die Souveränität der Eidgenossenschaft erstmals völkerrechtlich anerkannt. 1798 brachen Revolten bei den Untertanen der einzelnen Orte aus. Zur gleichen Zeit marschierten die Franzosen in der Eidgenossenschaft ein und gründeten einen zentralistischen Einheitsstaat, welcher Helvetische Republik oder auch helvetischer Bund genannt wurde (noch heute ist das Zeichen HB = „helvetischer Bund“ der Funk-Rufzeichenanfang der Schweizer Flugzeuge, Schiffe und Amateurfunker) (Bild 1). [1]

Bild 1: Flugzeug mit der Aufschrift HB
Bild 1: Flugzeug mit der Aufschrift HB

Die bis dahin bestehenden Untertanenverhältnisse, zwischen den einzelnen Ständen, wurden aufgehoben und alle Bürger galten als gleich. [1] Ein Jahr später wurde die Eidgenossenschaft zum Kriegsschauplatz, als die Österreicher und Russen versuchten die Franzosen zu vertreiben.  Dazu kamen noch ein Bürgerkrieg und das Scheitern des zentralistischen Einheitsstaates. All diese Ereignisse führten zur Verarmung von Bevölkerung und Staat. [2]

Knochenschicht des Massengrabes
Bild 2: Knochenschicht des Massengrabes

Im Jahr 1799 gab es einen Aufstand gegen die Franzosen, der in eine blutige Schlacht mündete. Die Leichen wurden, wie Untersuchungen von Archäologen im Jahr 2007 in Domat/Ems zeigt, hastig verscharrt oder überstürzt in Kalkbrennöfen geworfen und so begraben. Die Leichen wurden nicht in Reih und Glied bestattet, denn die Knochen lagen wirr bei- und übereinander. Um die Totenruhe nicht zu stören, wurde das Massengrab jedoch nicht vollständig von den Archäologen untersucht. Als Erinnerung an die Gefallenen wurde aus einem der Kalkbrennöfen ein Denkmal gemacht. [3] (Bild 2)(Bild 3)

Bild 3: Kalkbrennofen
Bild 3: Kalkbrennofen

Im Jahre 1803 schritt Napoleon als Mediator (Vermittler) in das Geschehen ein und forderte das Ende des Bürgerkrieges. Er hatte erkannt, dass ein Einheitsstaat nicht funktionieren würde und stellte deshalb die Mediationsakte auf. [2] [4] (Bild 4)

Bild 3: Titelblatt der Mediaionsakte
Bild 4: Titelblatt der Mediaionsakte

Diese stellte die Selbständigkeit der einzelnen Kantone wieder her. Weiter führte er die Tagsatzung anstelle des Parlaments und der Zentralregierung wieder ein. Auf den ersten Blick schien nun alles wieder wie vor der Zentralisierung zu sein, doch es gehörten nun sechs weitere Kantone zur neuen Eidgenossenschaft dazu.  Es bestand politische und rechtliche Gleichheit für die Bürger. Die Abhängigkeit von Frankreich wurde noch grösser als vorher. Die Eidgenossenschaft war verpflichtet, Napoleon 16‘000 Soldaten zur Verfügung zu stellen. Sie musste zudem an der Finanzierung der vielen Kriege mithelfen, die Napoleon führte. [4] Viele der Soldaten kamen in Napoleons Kriegen um. Im Russlandfeldzug starben allein über 8‘000 Soldaten. Durch die Schlacht am Berezina wurden die Schweizer Soldaten für ihren Kampfgeist bekannt. Sie hielten die russische Armee einen ganzen Tag in Schach, damit der Rest von Napoleons Armee den Fluss überqueren konnte. Ich finde, dass das bekannte Beresinalied die Stimmung von diesem Tag sehr passend wieder gibt. [4] 

(Das bekannte Beresinalied gesungen von einem Männerchor) 

Bild 4: Die Grenzen zur Mediationzeit
Bild 5: Die Grenzen zur Mediationzeit
Bild 5: Die Grenzen nach dem Wienerkongress
Bild 6: Die Grenzen nach dem Wienerkongress

Dieses Ereignis veränderte die Stimmung gegen Napoleon. Kurze Zeit später verbündeten sich England, Russland, Preussen und Österreich gegen Napoleon. Erneut wurden hunderttausende von russischen und österreichischen Soldaten in der Schweiz stationiert. Basel war für gewisse Zeit das Hauptquartier. Als Napoleon schliesslich besiegt und nach Elba verbannt wurde (siehe dazu mein Blog „Napoleons Zeit auf Elba„) versuchte die Eidgenossenschaft sofort auf die Seite der Siegermächte zu wechseln. Sie schafften auch die von Napoleon verfasste Mediationsverfassung ab. Doch schon bald brach ein Kampf über die neue Ordnung aus. [4] Der Wiener Kongress, welcher im Jahre 1815 stattfand, erweiterte die Eidgenossenschaft um drei weitere Kantone. [1] Dies war die letzte bedeutende Verschiebung der  eidgenössischen Grenzen. Die Kantone erhielten, mit Ausnahme der Aussenpolitik, ihre Souveränität zurück. Zudem wurde die Schweiz zur immerwährenden Neutralität verpflichtet. Das heisst konkret: Die Schweiz darf keine militärischen Bündnisse eingehen und muss den Durchzug fremder Truppen durch ihr Land verhindern. Im Gegenzug würde die Schweiz nicht angegriffen werden. [4]

Heutzutage wird gesagt, dass Napoleon nicht nur Ordnung in das Chaos der Eidgenossenschaft gebracht hat, sondern dass er auch einen bedeutenden Einfluss auf die Wirtschaftsgeschichte hatte. So soll zum Beispiel seine Kontinentalsperre die Schweizer Textilindustrie zum Aufblühen gebracht haben, da die Engländer mit ihrer überlegenen Industrie nicht mehr erreichbar waren.  Tobias Straumann, ein aktueller Wirtschaftshistoriker, äussert sich gegenüber dieser Aussage jedoch skeptisch, denn die Kontinentalsperre dauerte nur sieben Jahre. Darum stellt sich die Frage, ob es in diesen wenigen Jahren wirklich möglich war, eine industrielle Revolution auszulösen. [5]

Nach dem Studium dieses Berichtes ist meine Meinung nicht mehr klar definiert. Ich denke, die Kontinentalsperre hatte auf die Schweiz einen positiven wirtschaftlichen Einfluss. Ich denke jedoch, dass es nicht nur daran gelegen hat, sondern auch andere Faktoren zum wirtschaftlichen Aufschwung beigetragen haben.

Ich finde es interessant, wie Napoleon ohne grossen Widerstand in die Schweiz einmarschieren konnte. Wenn ich mir überlege, wie das wohl heute aussehen würde, wenn jemand versuchte die Schweiz auf diese Art und Weise zu verändern, dann würde dieses Vorhaben wohl kläglich scheitern.

Ich persönlich fände es sehr spannend, mit einer Person zu sprechen, die zu jener Zeit gelebt hat. Mich interessiert nämlich die Frage: Wie haben die Menschen dieser Zeit über die ganze Situation gedacht?  Denn meine jetzigen Erkenntnisse beruhen weitgehend auf historischen Fakten.


[1] Vgl: www.eda.admin.ch/aboutswitzerland/de/home/geschichte/uebersicht.html

[2] Vgl: www.myswitzerland.com/de-ch/napoleon-und-die-schweiz.html

[3] Vgl: www.nzz.ch/massengrab-auf-dem-gelaende-der-ems-chemie-1.584952

[4] Vgl: www.geschichte-schweiz.ch/mediation-napoleon.html

[5] Vgl: blog.tagesanzeiger.ch/nevermindthemarkets/index.php/2990/alles-nur-dank-napoleon/ (Tobias Straumann der Verfasser des Artikels ist ein Schweizer Wirtschaftshistoriker, deshalb denke ich, dass der Artikel Vertrauenswürdig ist.)

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